Life Letter No. 17

Hätte eine Aufstellung Madame Butterfly geholfen?

Die einfache Antwort: Ja. Warum hat sie sich dann erdolcht? Nun, 1904, zur Uraufführung der Oper, gab es noch gar keine Aufstellungen. Und natürlich gab und gibt es eine Madame Butterfly nur auf der Bühne und nicht im wirklichen Leben. Doch ihre Zerrissenheit ist zutiefst menschlich. 

Die Geschichte einer japanischen Geisha, die daran glaubt, dass die Ehe mit einem amerikanischen Soldaten über Jahre und Kontinente hinweg Bestand haben kann, während es für ihn nur ein Spiel ist, das er monatlich kündigen kann, diese Geschichte endet zwangsläufig mit ihrem Tod. Ist schließlich eine Oper. In einer Aufstellung hätte Madame Butterfly erfahren, dass es keine gute Idee ist, mit der Tradition und den Eltern zu brechen. Man wird sie trotzdem nicht los. Und sie hätte erfahren, dass ihr Ideal von Liebe nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat. „Ideale gehören in den Himmel. Auf der Erde richten sie nur Unheil an“, schreibt der Psychologe und Familienaufsteller Wilfried Nelles in seinem neuen Buch Dasein. Die Jagd nach der Idealfigur, dem idealen Match bei der Partnervermittlung oder einer todsicheren zehnprozentigen Kapitalanlage treibt uns zwar nicht in den Tod, macht aber viele Menschen dauerhaft unglücklich. Wem es gelingt, die Wirklichkeit da draußen mit seinen Träumen und Idealen zu einem gelingenden Leben zu vereinen, der ist entweder sehr gesund oder war vermutlich schon bei einer Aufstellung.

Zwei Tipps, um alles mal kennenzulernen: Die großartige Aufführung von Madama Butterfly in Halle für das Herz. Und eine Aufstellung am 19. Januar in Mainz, ebenfalls für das Herz, aber zusätzlich für einen bewussteren Umgang mit sich und der Wirklichkeit.

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