Life Letter No. 23

Der Schlüssel zum Glück

Urlaub, herrlich. Im Urlaub ist alles ganz leicht. Schon das Ankommen. Kaum habe ich zwölf Stunden Fahrt mit Staus, Umfahrungen und verschwitzten Käsebroten hinter mir, bin ich da. Für mich aber heißt ankommen, erst mal im Meer baden. Seelig fahre ich am nächsten Morgen zum Strand, und erst als ich aus dem Meer wieder herauskomme und mich wie neu geboren fühle, merke ich, dass mich die ganze Zeit über der Autoschlüssel in der Tasche meiner Badehose begleitet hat. Nein, das Auto springt nicht mehr an.

Zu Fuß finde ich in eine Werkstatt am anderen Ende des Ortes, erzähle – so gut es geht – in einer mir fremden Sprache mein Problem und lasse mir helfen. Immer finden sich Menschen, die mir helfen, wenn ich sie nur lasse. „Wo aber Gefahr ist, da wächst auch das Rettende“, sagt der große Dichter Hölderlin. Er hatte freilich noch größere Kämpfe zu kämpfen.

Zu einem richtigen Urlaub gehört, dass etwas schief geht. Dass es nicht nach Plan läuft. Dass ich mich stattdessen dem Fluss des Lebens überlasse mit all seinen Unvorhersehbarkeiten. Im Urlaub – ich habe ja Zeit – sitze ich gleichsam neben mir und schaue mir beim Urlauben zu. Ich gebe mir die Erlaubnis, mich als ein Anderer auszuprobieren, zum Beispiel als einer, der sein Pech gelassen nehmen kann.

Im Urlaub erfahre ich, dass es Schöneres gibt als anzukommen. Nämlich auf dem Weg zu sein, auf dem Weg zu mir. Da treffe ich mich ganz nebenbei auf der Terrasse eines Cafés. Schon erstaunlich, ich fahre tausend Kilometer, um mir an diesem Ort zu begegnen, in Ruhe und Gelassenheit. Ich sehe mich, und ich greife nicht ein in mein Leben. Ich kontrolliere mich nicht. Ich lasse mich. Ich bin einfach da und spüre, wie das ist, wenn ich nichts weiter tue, als da zu sein. Und ich spüre, diese Art Nähe, das ist die Liebe zu mir selbst. Der Schlüssel zum Glück.

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Life Letter No. 22